Bäume schweigen, doch sie sind nicht stumm
Das Frühlingswetter macht Lust, mal wieder auszufliegen. Für uns bedeutet das, die schöne Schüssel des Oderbruchs Richtung Norden zu verlassen.
Wir lassen uns von den Worten Erich Kästners leiten:
:
„Bäume schweigen, doch sie sind nicht stumm.
Man kann mit ihnen wie mit Brüdern reden
Und tauscht dabei die Seele um.“
Unser Ziel sind Baumriesen auf einer Halbinsel, die sich aus dem klaren Wasser des Parsteiner See, im Nachbarlandkreis Barnim, erhebt. Der Pehlitzwerder, bekannt durch einen der artenreichsten und dichtesten Bestände an besonders sehenswerten alten Bäumen.
Vom Kloster zum Campingplatz
Bis zum Ende des 13. Jahrhunderts war die Halbinsel ein guter Platz für menschliche Siedlungen, doch steigende Wasserstände des Parsteiner Sees führten zum Rückzug der Menschen. Die slawischen Bauern zogen ans „Festland“ nach Palic, das heutige Pehlitz, die Zisterziensermönche gaben sogar ihr fast fertig gestelltes Kloster Mariensee wieder auf und siedelten sich einige Kilometer entfernt in Chorin an. Dort sind ihre imposanten Sakralbauten noch immer zu bestaunen. Vom Pehlitzer Kloster sind nur noch einige Grundmauern als Bodendenkmal erhalten. Ackerbau war dort nicht mehr sinnvoll, deshalb wurden Schafe und vor allem Ziegen zum Weiden auf den Werder geschickt. Letztere fressen nicht nur Gras, sondern auch Sträucher und junge Bäume. Damals schon etwas ältere Winterlinden, Eichen und Elsbeeren wurden von den Ziegen verschont und konnten sich zu stattlichen Naturdenkmälern entwickeln.
Die wachsen dort seit über sechs Jahrhunderten unter besonderen Bedingungen, durch die Weide der gehörnten Tiere entstand eine parkartige Landschaft mit Solitärbäumen. Zwischenzeitlich war der Pehlitzwerder des öfteren sogar eine Insel und hieß „Zickeninsel“. Die eindrucksvollen Bäume lockten schon im vergangenen Jahrhundert Botaniker an. Heute bietet ein Naturcampingplatz erholungsbedürftigen Naturfreunden Abstand vom stressigen Alltag.
Baumriesen in Gefahr
Seit etwa 1900 wurden eher Kühe und Pferde gehalten, so konnten Sträucher und schnell wachsende Pappeln, Weiden oder Birken sich ausbreiten und die alten Bäume bedrängen, was denen nicht besonders gut bekam. Auch Jungbäume der eigenen Art entzogen den Altbäumen Wasser und Licht. Folge war unnormaler Astwuchs, der zu bruchgefährdeten Kronen führte. Zahlreiche Abbrüche dicker Äste oder sogar das Fallen ganzer Baumriesen zeugen davon.
So stürzte 1995 eines der Wahrzeichen vom Pehlitzwerder, eine 300 jährige Winterlinde, die die Besucher von der hohen Kante am Südhang begrüßt. Auch die Elsbeeren sind in keinem guten Zustand mehr. Manchmal bedeutet Naturschutz wohl auch, dass kleinere Bäume und Sträucher gerodet werden müssen, um andere, bedeutendere Exemplare zu erhalten.
Hoffentlich können die noch übrig gebliebenen imposanten Bäume in der Zukunft auf diese Weise besser geschützt werden. Auf dem Pehlitzwerder kann man auch sehen, wie mit geschickt angebrachten Verseilungen versucht wird, die Baumriesen zu erhalten.
Auch verwilderte Obstbäume konten sich, wie mehrere Hausbirnen, zu imposanten Bäumen entwickeln.
Strenge Regeln
Auf dem Pehlitzwerder gelten strikte Vorschriften. So ist es Besuchern und Campern nicht gestattet, Hunde mitzubringen.
Es sind nur Wohnwagen, keine Wohnmobile oder umgebaute Busse gestattet und die Camper müssen ihre Plätze in jedem Herbst räumen und die Wohnwagen anderswo unterstellen. Erst im Frühjahr darf wieder auf der Halbinsel übernachtet werden.
Auch die Körperpflege ist, wie auf dem Schild an einer der Badestellen zu lesen, genau geregelt.
Holzweg durchs Schilf
Jetzt im Frühjahr sind die Campingbegeisterten dabei, sich für die kommende Saison einzurichten, mit Traktoren werden die Wagen zu den Stellplätzen gebracht und dann das Umfeld aufgeräumt. Trotzdem haben sie Zeit für ein kurzes Gespräch, zeigen uns den Weg zu versteckten Bäumen oder weisen auf einen Holzweg hin, der durch die Uferzone mit Schilf und jungen Bäumen zu einem Ausguck am Ostufer führt. Ein idealer Punkt, um die Tierwelt auf dem Wasser und im Schilfgürtel in Ruhe zu beobachten.
Hier brüten bis Ende Juli die Trauerseeschwalben. In dieser Zeit ist der Holzpfad abgesperrt, um die Vögel nicht zu stören. Denn das Vorkommen der seltenen Tiere ist besonders schützenswert.
Die Schwalben überwintern in Westafrika und kehren hierher, um ihren Nachwuchs aufzuziehen. Die Trauerseeschwalben zu beobachten, wie sie knapp über der Wasseroberfläche Insekten fangen, ist ebenso beeindruckend, wie dem eigenartigen Ruf der ebenfalls seltenen Rohrdommel zu lauschen.
Das Baden ist nur auf der Ostseite des Parsteinsees, an bestimmten, ausgewiesenen Stellen erlaubt.
Regionale Besonderheit: Bio-Landwirtschaft
Nach dem Rundgang über die Halbinsel lockt uns der Biobauernhof „Schwalbennest“ nach Pehlitz. Dort gibt es wirklich leckeren Käsekuchen und starken Kaffee mit sahniger Milch von glücklichen Kühen. Über den Hof stolzieren stattliche Hähne und gackernde Hühner. Die jungen Betreiber haben im Hofladen frisches Gemüse, Kräuter, Eier im Angebot. Außerdem Milch und Käse von Schaf und Kuh sowie Fleisch in der Tiefkühltruhe. Uns begeistert die ausgesprochen freundliche und entspannte Atmosphäre. Für unseren Wunsch nach Eiern wird extra im Stall nochmal gesucht und wir bekommen sechs besonders frische für unser nächstes Frühstück.
Auch ein Dorf weiter wird Bio-Landwirtschaft groß geschrieben: In Brodowin. Dzu gibt es hier bald mehr zu lesen...
Sehenswert in der Region um den Parsteiner See:
Ökodorf Brodowin
Kloster Chorin
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Gerd (Mittwoch, 22 Dezember 2021 17:54)
Pehlitzwerder hat doch mit dem Oderbruch nichts zu tun! Da sollte man sich doch besser auskennen!
Oderbruch.blog (Donnerstag, 20 Januar 2022 07:55)
Hallo @Gerd, Danke für Dein Interesse und Deine Mitteiung. Im Artikel steht explizit, dass wir das Oderbruch für diesen Artikel einmal verlassen haben. ;-)